t fasser der „Jardins" und des „Homme des champs" sich die ergreifende Stelle hatte vorlesen lassen, erklärte er, daß er sie nicht übertragen könne: „C'est trop élevé pour moi, il faut que je reste parmi les fleurs. "573 In wahrhaft glühender Begeisterung war für den Sänger des „Messias", welcher, wie er sagte, der Phantasie neue Gesichtskreise eröffnete, der schon im vorigen Abschnitte erwähnte Charles de Chênedollé entbrannt. Dieser war als Emigrant nach Hamburg im Jahre 1795 gekommen und hatte durch seinen Landsmann, den Marquis de La Tresne, einen Verehrer und gewandten Überseker Klopstocks, die persönliche Bekanntschaft des großen Dichters gemacht, an welchen er sich liebend anschloß. Bald darauf gab er seinen Gefühlen Ausdruck in der großartig angelegten Ode l'Invention "574, welche er zu dessen Ruhm und Preis verfaßte und ihm widmete. Bei seinem Umherschwanken auf den Wegen des Irrtums sei ihm plötzlich ein lichtheller Engel mit goldstrahlenden Flügeln erschienen und habe ihm verkündigt, daß seine Augen nun die Höhe des Genius schauen würden. Dies sei der „Messias", in welchen Gott selbst seinen schöpferischen Atem gehaucht habe. Wenn er seine eingeengte Seele erweitern wolle, so möge er diese Dichtung lesen und bewundern. Dies that der Dichter, und alsbald habe er mit brennendem Auge das gewaltige Gemälde der himmlischen Herrlichkeiten, der Schrecken der Finsternis und der göttlichen Erlösung sich entrollen sehen. Die herrlichsten Epen, selbst die des erhabenen Homer, des wohltönenden Virgil und deren lebenden Abbilder, Tasso und Milton, würden einst in den Abgrund der Vergessenheit versinken, nur der „Messias" nicht: ,,Mais le Temps, 6 Klopstock, sur tes pages divines, Urim, sur ses ailes dorées, Porter tes vers, ravis au trépas envieux; Ils feront encore les délices Des Chœurs innombrables des Cieux." Supfle, Beschichte d. d. K. a. F. I. 14 i Man kann wohl sagen, daß in ähnlicher Weise weder Klopstock je in Deutschland, noch ein französischer Dichter in seinem eigenen Lande gefeiert worden ist. In der Nähe Klopstocks und unter seinem Hauche entstanden nun die ersten Verse des jungen Dichters, „Le Génie de Buffon" und, Michel-Ange" (1795-1797), welche, zunächst in Hamburg und im Spectateur du Nord veröffentlicht, in Verbindung mit anderen Gedichten erst lange nach seiner Rückkehr, gegen das Jahr 1820, in Frankreich erschienen und bekannter geworden sind. Es wirkten allerdings noch andere dichterische Einflüsse auf Chênedollé ein, aber der früheste und nicht schwächste Einfluß war derjenige Klopstocks. Daß die Franzosen überhaupt mehr und auch länger Geschmack an dem „Messias" gefunden haben, als man gewöhnlich annimmt, erhellt auch aus den Übersetzungen, welche nach dem Tode des Dichters unternommen und durchgeführt worden sind. Sogar ein höherer französischer Offizier hat, freilich nicht mit besonderem Erfolg, dem Klopstockschen Genius diese Art von Huldigung dargebracht. Die bedeutendste neuere Leistung in dieser Hinsicht ist die allerdings oft zu stark vom Urtexte abweichende Übertragung durch Frau v. Carlowiz (1840), welche noch im Jahre 1860 in einer neuen Auflage erschienen ist. 575 Freilich war die Gunst, welche man Klopstock dem Dramatiker in Frankreich erwies, eine entschieden größere und weit allgemeinere als diejenige, welche man ihm als Epiker bezeugt hatte. Der „Tod Adams" fand jenseits des Rheines wie überall und sogar viel mehr Beifall als bei uns, und wurde nicht bloß wiederholt übersetzt, sondern auch nachgeahmt. Das Journal étranger (1761) begrüßte dieses Trauerspiel als den Vertreter einer neuen Gattung, welches sich zwar nicht für die Ausführung eigne, aber von allen Freunden des Wahren und Ergreifenden gelesen werden müsse. Nie habe weder das alte noch das neue Theater eine Tragödie hervorgebracht, welche mit einer so hohen, die gewöhnlichen Wirkungsmittel verschmähenden, Einfachheit zugleich so viel Bedeutung, Größe und Interesse ver bunden habe. Denn es handle sich hier nicht um das Los eines Einzelnen, einer Familie, noch selbst eines Volkes, es handle sich um das Schicksal des ganzen Menschengeschlechtes. Nachdem die französische Zeitschrift in Auszügen und Übersetzungen der bedeutsamsten Stellen einen näheren Einblick in das Stück gegeben hat, schließt sie ihre Würdigung des Ganzen und der Einzelschönheiten, mit dem Ausrufe: „Tausendfach unglücklich sind die trägen oder durch den Schöngeist verdorbenen Seelen, welche das Klopstocksche Trauerspiel ohne Erschütterung, ohne Rührung, ohne Thränen lesen. " 676 Abgesehen von einer Übersetzung, welche schon im Jahre 1758 in Danzig erschienen sein soll 577, wurde dieses biblische Stück in Frankreich zum ersten Male im Jahre 1762, also fünf Jahre nach seinem Entstehen unter der Ausschrift „La Mort d'Adam" gut in Prosa übertragen. 578 Der in der Schrift nicht genannte Verfasser, der Abbé J. Jos. Roman, drückt in der Vorrede in wahrhaft begeisterten Worten für Klopstock und die deutsche Dichtung seine Bewunderung aus, welche er im Hinweis darauf, daß die Deutschen nach langem geistigem Schlummer die Augen wieder geöffnet hätten, mit folgenden Worten einleitet: „Ihr Erwachen, dem des berühmten Gegners der Philister ähnlich, hat sich durch die kraftvollsten Züge gekennzeichnet. Sie haben alle Fesseln gesprengt; sie haben sich von allen Vorurteilen befreit; sie haben die Alten, aber noch mehr das menschliche Herz studiert; sie haben nur die Natur nachgeahmt. Eine zahlreiche Schar guter Schriftsteller und großer Dichter erschien alsdann auf dem Schauplaze Deutschlands. Von dem Liede bis zum Heldengedichte, von der Fabel bis zum Trauerspiel, sind alle Dichtungsgattungen mit dem größten Erfolge gepflegt worden Leset die großen deutschen Dichter ...., ihr vergeßt dabei den Dichter, ihr vergeßt euch selbst! Ihr werdet von ihrer göttlichen Begeisterung hingerissen, ihr glaubt den Homer zu lesen, ihr glaubt die Propheten zu hören. So ist Klopstock, der erste und erhabenste der deutschen Dichter." .... Indem dann der verdienstvolle Übersetzer, welcher sich zugleich als wohlbewanderten Kenner der deutschen Litteratur erweist, zu der Würdigung des „Todes Adams" übergeht, spricht er die große Sympathie, welche er für Klopstock fühlt, voll und kräftig aus. Er stellt im Hinblick auf die früheren, unselbständigen dramatischen Versuche der Deutschen dessen Leistung als eine selbständige und eigenartige sehr hoch: „Les Allemands ont longtemps flotté, pour ainsi dire, entre le théâtre britannique et le théâtre français. Tantôt entraînés par les beautés fortes, mais irrégulières des Anglais, tantôt séduits par l'élégance, la justesse et la correction de nos drames, ils n'ont pas eu la force de se fixer. Ils imitent également et les uns et les autres.... Mais l'auteur de la Mort d'Adam a pris son essor loin des uns et des autres, il s'est ouvert une route nouvelle. La force de son génie l'a soutenu entre deux écueils, les écarts irréguliers des Anglais et la timide exactitude des Français. Placée à une égale distance des deux théâtres, sa pièce est d'un genre nouveau; c'est un drame vraiment original, qui sera vraisemblablement sans imitateurs, comme il a été sans modèle. " Gegenüber dieser etwas überschwenglichen Bewunderung erhob sich freilich die Stimme des Abbé Fréron, welcher behauptete, dem „Tod Adams" fehle der innere wie der äußere Zusammenhang, es sei eigentlich gar kein Drama. Aber selbst er erklärt, daß dieses Trauerspiel Bewunderung verdient und daß Klopstock, welchen man ohne Schmeichelei den Milton Deutschlands nennen könne, hoffen lasse, daß er auch noch dessen Shakespeare werden könne. 579 Ebenso findet ein anderer Beurteiler die Lobsprüche des Übersekers zwar zu weitgehend, aber gleichwohl erkennt er nachdrücklich die hervor ragende Begabung des Dichters, die Schönheit seiner Sprache und die den Alten ebenbürtige Einfachheit der dramatischen Mittel an. Zugleich spricht er aus, mit welch' großer Befriedigung man in Frankreich eine dritte Sprache die neuere Litteratur bereichern sehe. „Die Deutschen, dieses edle Volk, welches allzulang unbekannt geblieben ist, tritt heutigen Tages vorteilhaft auf dem Schauplaze der schönen Künste auf, und wir können nicht genug Dank den Übersetzern wissen, welche das schwierige : Amt übernehmen, Frankreich mit den deutschen Musen bekannt zu machen." 580 Zu der prosaischen Übersetzung von Roman kam auch noch eine in Versen, welche von Poinsinet gefertigt sein soll. 581 Ein noch deutlicherer Beweis für den Beifall und den lebhaften Eindruck, welchen der „Tod Adams" in Frankreich hervorbrachte, wird durch die drei Nachbildungen geboten, welche durch dieses biblische Drama hervorgerufen wurden. Die früheste der= selben ist diejenige, welche in Versen im Jahre 1770 unter der Ausschrift, La Mort d'Adam" erschien, 582 Der nicht genannte Verfasser war der Abbé de Saint-Ener, welcher, des Deutschen nicht mächtig, sich an die obengenannte Prosaübersetzung hielt, oder vielmehr, wie er sagt, sie verschlang und beim Lesen Klopstocks, welchen er den Corneille Deutschlands nennt, wonnige Thränen vergoß. Bei der bewundernden Würdigung des Klopstockschen Dramas hebt er besonders hervor, daß kein Kirchenvater, kein Erklärer der heiligen Schrift vor Klopstock die volle Kraft des Wortes erfaßt habe, welches Gott zu Adam sprach: „Du wirst des Todes sterben" (tu mourras de la mort). Hinsichtlich der Personen aber glaubt er in dieser freien Nachahmung einige durch Charakterisierung mehr hervorgehoben zu haben, als sie in seinem Vorbilde vorgeführt sind. Der Gang der Handlung ist aber ganz derselbe. Ein Beurteiler sagte von dieser Bearbeitung, das Pathetische der Urschrift sei sehr gut beibehalten, bisweilen noch vermehrt, und sie ehre Klopstock und den Nachbildner hoch. 583 Die zwei anderen Nachbildungen des Klopstockschen Dramas wurden für Zwecke der Erziehung gemacht. Die erstere findet sich in dem Théâtre à l'usage des jeunes personnes (tome I, Paris 1785) und hat die bekannte Schriftstellerin Mad. de Genlis zum Verfasser. 584 Sie ist wie das Klopstocksche Stück in Prosa und drei Akten. Obwohl nach ihrer Ansicht der Dichter ohne Not alle Regeln des Theaters verlegt hat, nichts begründet, die Kunst vorzubereiten und zu entwickeln durchaus nicht kennt, so enthalte doch dieses Werk, welches das urwüchsigste aller Dramen sei, die erhabensten Züge, eine starke und doch natürliche Sprache, wahre |