dinge ausführen, besonders wenn man es mit weiter nichts als mit- todten Ortsnamen zu thun hat, die nicht so deutlich reden können, wie andere Dinge, die uns umgeben. Wer die deutschen Worte Himmel, Hammel, Hummel oder Brot, Bret, Braut, braten, breit u. dgl. in ähnlicher Weise unter einen Hut bringen wollte, wie Liebusch alle Ortsnamen zusammenbringt, die ein bur, bor, bar, ber, bir, oder ein rum, rom, ram, rem, rim u. s. w. u. s. w. an irgend einer Stelle der Wörter enthalten, z. B. Kremmen, Rammenau, Bremen, mit Schwächung des m zu n (den ja auch die vergleichende Sprachforschung gelten lässt) Corunna, Verona, Rhinow, der dürfte wol da und dort auf Widerspruch stossen, und man möchte fast glauben, Liebusch sei ein weiser Mann, da er die fünffache Abstufung der Wörter nicht auch in der deutschen Sprache (die Manche für nahe verwandt mit dem Slavischen halten) zur Geltung bringen will, wie sie in dem von ihm ganz ausschliesslich beherrschten sprachlichen Celtismus und bei den schwer zu deutenden Ortsnamen waltet, aus denen sich mit einigem Geschick allerhand machen lässt; man denke an V. Jacobi, an W. Obermüller, an F. J. Mone, an den berühmten Dichteretymologen J. Kollar (den Verfasser der Staroitalia slavjanská) u. s. w. 99 Reicht nun aber die erwähnté Gradation (von welcher, beiläufig bemerkt, die vergleichende Sprachforschung auf dem ganzen Gebiete der indogermanischen Sprachen Nichts weiss) noch nicht völlig aus, um mit der Form irgend eines Ortsnamens auf's Reine zu kommen, so citiert Liebusch einen zweiten mächtigen Geist, der nach seinem eigenen Geständnis in der Provinz Brandenburg „noch öfterer" spukt, „als in Italien und Frankreich" (Archiv 39, 130), den Geist der Präpositional - Ortsnamen". Mittelst desselben ist es ihm z. B. möglich, Kremmen mit Bremen, Corunna, Verona zu verbinden; was vor dem Wurzelworte rem, run, ron steht, ist eine mehr oder weniger verstümmelte Präposition. Unter Teltow und Teupitz (S. 133 f.) kann männiglich seine blauen Wunder finden, dass ti si schi = tschi pschij ist und Alles nichts anderes bedeutet, als an, bei. Wenn sich Andere einbilden, Frankfurt müsse aus der ältesten Form (vom Jahre 793) Franconofurt als „Furt der Franken" gedeutet werden, so zeigt ihnen Liebusch, dass sie = 124 Ueber G. Liebus chs Erklärung d. brandenb. Ortsnamen. in einem übeln Wahne befangen sind, denn das anlautende f ist offenbar nur die altwendische Präposition po und heisst auch nichts Anderes als an, bei! Mit solchen Mitteln ist es möglich geworden, auch die vertracktesten heutigen Formen der alten Ortsnamen von Brandenburg zu bemeistern: Pritzwalk zerfällt etymologisch in P-ritzwal-k, d. i. kleiner (k ist deminutivisch) Ort (wal) am (p) Nassen (ritz, Wurzel rut, vgl. das celtische ritum, nach Glück u. A. Furt, also wo es am wenigsten nass ist, rit mit der 5. Stufe); Branibor zerfällt in Bran - bor und heisst Stadt (bor) am (b) Flusse; Putlitz ist P- ut - litz, Dorf (litz) am (p) Wasser (uta); Jüterbog ist Jüterbog, Stadt (bog, was auch Berg, Fluss, Gott, Fürst heissen kann, ganz nach Bedarf!) an (jü = schi, pschi!) den Bergen (ter) u. s. w. u. s. w. Doch es ziemt sich nicht, dass wir die wunderbaren etymologischen Aufschlüsse des sprachlichen Celtismus hier von Neuem auftischen, es drängt uns längst schon abzubrechen und dem Mischmasch und Wirrwarr der brandenburgischen Namen in dem grossen „altwendischen" Braukessel ein herzliches Lebewol zu sagen. Wir hätten es gern versucht, mehrere dieser Namen von dem Standpunkte aus zu behandeln, den Fr. Miklosich in der Deutung slavischer Ortsnamen einnimmt, es fehlen uns aber alle urkundlichen Behelfe, ohne welche jede Etymologie Gefahr läuft zu verunglücken. Leitmeritz. Ignaz Petters. Zur Quellenkunde des deutschen Sprichworts. Nachträge. Einige Berichtigungen und Zusätze zu den unter dieser Ueberschrift in Band XXXIX, Seite 45-142 des Archivs abgedruckten proverbialen Mittheilungen, welche, während des Druckes derselben geschrieben, eine Verwendung nicht mehr finden konnten, lasse ich hier nachträglich folgen und füge die Anzeige der wichtigsten Satzfehler hinzu. A. Zusätze und Berichtigungen. 1. S. 46 unten. Der Note ist anzufügen: „,,Sehr ungerecht", sagt der verdienstvolle Schmeller (Carmina Burana VIII), „, würden wir gegen unsre frühere vaterländische Literatur sein, wollten wir nur, was Ton Deutschen in der eignen Sprache geschrieben ist, also das Allerwenigste, ihr zugerechnet wissen; und mit gutem Grunde sprechen wir einen nicht unansehnlichen Theil der lateinischen poetischen Erzengnisse des Mittelalters als Vätergut an und als Hinterlassenschaft, welche trotz der entlehnten Sprache von der Ahnen Art zu denken und zu fühlen nicht minder treue lebendige Kunde gibt." 2. S. 47, Note ***. Die Worte: Es macht dies Typen" sind Eigenthum Zapf's in dessen Leben Bebels (S. XIII, vgl. unten) und sollten mit "bezeichnet sein. I. Bebeliana. 3. Zum Jahre 1501. S. 48, Z. 18 von unten. Der bekanntlich unter dem Namen „Martin von Biberach" bisher bekannte Spruch, den Mone auf einem Buchdeckel fand und zuerst im Anzeiger f. K. d. d.V. 1835, 307 bekannt machte, reicht viel weiter zurück, als zum traditionellen Jahre,,1497" oder „,1498", wofür auch diese Quelle zur Gewähr dient. In einem eigenen Aufsatze hat ihn R. Köhler (Pfeiffer's Germania 1861, 368 372) unter der Ueberschrift: „Mich wundert dass ich fröhlich bin" in mehrfachen Varianten und, wiewohl entstellt, schon für das XV. Jahrhundert nachgewiesen. Eine von ihm übersehene Belegstelle ist auch: G. Mylius' Bapstpredigten, Jena 1601, 4., wo er (Bl. 159a) in der Bebel'schen Uebersetzung zu lesen ist. Vollständig ist der deutsche Wortlaut des Spruches: 4. 1508. - Ich leb und weiss nit wie lang, Ich far und weiss nit wohin : Mich wundert, dass ich frölich bin. S. 49 unten. In Ulm, Prag und in der Sammlung des Herrn Kreisgerichtsdirektors Ottow zu Landeshut. 5. S. 52, Z. 2 von oben. Was wenigstens die Historien des letzteren betrifft, so hat J. M. Lappenberg (Dr. Murners Ulenspiegel, Leipz. 1854, 8., S. 361-362) nachgewiesen, dass Bebel's Facetium in einigen Fällen als unmittelbare Quelle der ersteren zu betrachten sei und für die Historie 69 und 81 ist es gänzlich ausser Zweifel. Ueber eine Anzahl aus Bebel in die „Schildbürger" (1597) übergegangener Schwänke, sowie die Anspielungen Fischart's auf einzelne Geschichten gibt Hagen's Narrenbuch (Halle 1811, 8.) S. 433-438 Auskunft. In den ersteren sind es drei Grossthaten der Mundinger Bauern (Schwaben), nämlich der Wettstreit mit dem Kukuk (Ausg. Amftelod. 1651, 12., Kap. 38), die Vertreibung des Viehes von dem Salzacker (Kap. 15) und das Abenteuer mit dem Krebs (II, 184), ferner der Schwank im Bade (II, 98), von der Schultheissin in der Kirche (,,Sitzet still, ich gedenck wol das ich auch Arm war", III, 221), vom Schneedörren (II, 125; Bebel setzt hinzu: „Res gefta est atque mihi cognitiffima"). Die Anspielungen Fischart's auf einzelne Schwänke sind (Geschichtklitterung 1600, Kap. 13 am Ende): „Ach ich hab viel zu gedencken, wie der Schultheiss im Bad, der nicht wusst, ob er gezwagt hatte." Kap. 21, Bl. 145°: „ja sie kannten sich auch selber kaum, wie Narr Löbelin, da er einen newen Rock anhat, vnnd vnder Wegen jedermann fragt, ob sie nicht den Löbelin gesehen hetten: Sitzt still, sitzt still, sagt jenes Schultheissen Fraw im newen Schurtz vnnd Kürffen, zu den Weibern, die zum Euangeli auffstunden, es ge denckt mir auch, dass ich ewers gleichen war, vnd die Rollplon hiess: Aber sagt jetzt nicht mehr, was ich war, sondern was ich bin"; (Aller Pracktick Grossmutter 1598, 8., Bog. G, Bl. 4): „Nicht jede Faust gibt einen Schneider, auch nicht jeder Krebsgang ein Krebs, darumb fragt Claus Narr nach dem Krebssteig. Er sollt die Bawren zu Liflingen gefragt haben, die einen Krebs seiner Scheren halben für einen Tuchscherer oder Schneiderknecht ansprachen vnd brauchten, aber da er das Meisterstück nicht mehr zuschnitt, musst er nach vnserm gesatz I, si quis paragr. Celsus. ff. loca. & cond: ertrencket werden. O wie ein saurer Todt, wann man den Schwanz regt, vnnd den Fuss streckt." 6. S. 52, Z. 12 von oben. Was den Ton und Inhalt dieser Schwänke anbelangt, so ist allerdings nicht zu läugnen, dass die meisten voll sind von Derbheiten, Naivetäten, Nuditäten ohne Maske, Schminke und Feigenblatt oder um es kurz zu sagen, voll der gröbsten Zoten. Aber vergessen wir doch niemals, dass die Sitten des XV. und XVI. Jahrhunderts andere waren als die jetzigen, dass, was jetzt und schon vor hundert Jahren in der sogen. guten Gesellschaft laut zu denken oder zu schreiben verpönt, es keineswegs auch damals und das ganze Jahrhundert hindurch und noch länger gewesen war. Würde wohl eine Dame der Jetztzeit ein Liederbuch des Inhalts sich anlegen, wie es dasjenige ist, das Clara Hätzler im XV. Jahrhundert, und dazu eine geistliche Person, mit dem grössten Vergnügen eigenhändig zusammenschrieb? oder ein Professor der Theologie solcher Phrasen sich bedienen, wie sich ihrer Luther im XVI. in seinen gedruckten, von hm revidirten Werken so oft und fast alle Berühmtheiten seiner Zeit, geistlichen wie weltlichen Standes, bedient haben? Es sei mir verstattet, in dieser Beziehung eine Stelle aus des geistreichen J. G. Weber's Democritus auszuheben und sie dem von Göz Gesagten beizufügen, weil sie auf prägnante Weise die Verschiedenheit früherer Sitten in Wort und Schrift gegen die unserigen darthut. Indem ich aber diese Stelle zum Abdruck excerpire, beanspruche ich in gleicher Weise wie Schmeller bei der Publication der Carmina Burana (S. XII, 275) „die Unbefangenheit des gebildeten gereifteren Lesers" and wie er ejus utcumque prudentiae confidens". Sollte aber gleichwohl der Zufall wollen, dass was mir sehr schmeichelhaft wäre die schönen Augen einer Dame diesen Aufsatz einer Durchsicht würdigten, so müsste ich doch bei dieser Zeile die freundliche Leserin dringend bitten, die folgenden, d. h. den ganzen Absatz zu übergehen. " - |